Hintergrund: Viele Schwangere sind verunsichert, wie lang sie Sport betreiben dürfen oder wann sie wieder einsteigen sollen bzw. dürfen? Ist es gefährlich Krafttraining oder Sprünge während der Schwangerschaft zu machen? Was passiert mit dem Beckenboden während des Trainings und wie kann/darf ich ihn und meine Bauchmuskeln nach der Schwangerschaft wieder trainieren?
Übersicht: Hier soll ein Überblick gegeben werden, über diverse internationale Leitlinien (u.a. Amerika, UK, Dänemark, Norwegen) und ergänzende einzelne RCTs, die die oben genannten Fragen so gut es geht beantworten sollen. Es soll ein Bild über den ganzen Verlauf der Schwangerschaft und die Phase nach der Geburt gezeichnet werden was die Belastbarkeit und Trainierbarkeit der Frauen allgemein angeht.
In der Vergangenheit zeigten einige Studien, dass ein Training während der Schwangerschaft viele positive Effekte für die werdende Mutter hat (weniger Gewichtszunahme, geringere Wahrsch. für Gestationsdiabetes und Inkontinenz, geringere Wahrsch. für Depressionen und weitere). Eine Überblicksarbeit von Szumilewicz et al. (2015) untersuchte daher 11 Leitlinien aus 7 Ländern auf die Vorgaben bezüglich Trainingsempfehlungen für Schwangere. Hieraus sollten Empfehlungen für Schwangere abgeleitet werden, da sich ebenfalls zeigt, dass viele Schwangere zu wenig Sport betreiben. 11/11 Leitlinien empfehlen ein Ausdauertraining und 9 Leitlinien empfehlen ein Krafttraining während der Schwangerschaft. Die WHO empfiehlt 150 Minuten Ausdauertraining und 2x pro Woche Krafttraining. Um dies genauer einordnen zu können, was diese Dauer angeht, müssen die hierfür geltenden Parameter (Art des Trainings, Häufigkeit, Intensität etc.) mitdefiniert werden. Die hier genannten Leitlinien lieferten hierzu leider nur wenige Informationen. Die typischen Empfehlungen waren, dass Ausdauersportarten wie bspw. Schwimmen, Walking und Joggen durchgeführt werden (2-3x pro Woche á 30 60Min) und für das Krafttraining wurde eine gute Technik, eine Belastung entsprechend der Trainingserfahrung und die Beaufsichtigung eines Experten während des Trainings empfohlen. Eine neuere Übersichtsarbeit der upgedateten Leitlinien von Yang et al. (2022) kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Diese Ergebnisse werden in der folgenden Tabelle grob dargestellt.
Darüber hinaus geht es in dieser Situation oft um die Frage, wann wieder ein normales (Bauchmuskel-)Training stattfinden kann und wann nicht. Welche Übungen sind ok? Darf man auch joggen gehen oder wann darf man wieder damit anfangen? Um diese Fragen zu beantworten, wurden diverse Einzelstudien herangezogen. Eine Umfrage von Prevett at al. (2022) stellte die Frage, ob ein schweres Krafttraining während der Schwangerschaft (80% 1RM) zu mehr Problemen führte. Die Fallzahlen für bspw. Depressionen oder Gestationsdiabetes fielen hier geringer als in der durchschnittl. Bevölkerung aus. Eine Konsensus-Arbeit von Christoper et al. (2024) mit 118 Experten ergab, dass eine Rückkehr zum Joggen nach der Geburt an folgende Kriterien geknüpft sein sollte: mindestens 3-4 Wochen Pause nach der Geburt, individuelle Planung, Betrachtung der Knochensituation, der mentalen Situation und der Beckenboden- und Bauchmuskulatur bezüglich ihrer Koord. und Kraft, Ausschluss jeglicher Inkontinenz und beendete Wundheilung, falls eine Verletzung während der Geburt entstanden war. Weiterhin sollte die Kraft des Unterkörpers wieder verbessert sein und auch die Balance/Propriozeption auf dem normalen Stand, wie vor der Schwangerschaft sein sollte. Mögliche Testübungen in diesem Bereich könnten sein: 30min gehen, Einbeinstand für 10 Sek., auf der Stelle joggen für 1 Min., 10 (horizontale) Sprünge, 20 Wdh. Wadenheben oder 20 Wdh. der einbeinigen Hüftbrücke. Eine nötige allgemeine Aufklärung sollte auch durchgeführt worden sein und falls notwendig können diverse Unterstützungen/Equipment genutzt werden (Kompression, spez. Sport-BH, angepasste Schuhe etc.).
Bezüglich des Trainings der Bauchmuskulatur konnten in Übersichtsarbeiten von Gluppe et al. (2021) und Skoura et al. (2024) keine genauen Empfehlungen abgeleitet werden. Jedoch können diverse Trainingsübungen/-methoden (Curl-ups, exzentrisches Training, Beckenbodentraining, Atemübungen) helfen die Rectus Diastase zu reduzieren und werden daher als Vorbereitung auf folgende tägliche Arbeiten empfohlen und sind ebenfalls als sicher eingestuft. Es dürfen bzw. sollen sowohl tiefe als auch oberflächliche Muskeln angesprochen werden. Ein Koordinationstraining dieser Muskeln ist daher ebenfalls wichtig.
Fazit: Zusammengefasst sollte bei Frauen ohne Kontraindikationen ein Training der Kraft und Ausdauer stets empfohlen werden, da dies diverse positive Effekte für Mutter und Kind birgt. Ein Training sollte stets am aktuellen Stand orientiert sein und kann beispielsweise mit der BORG-Scala oder einem Rate of perceived exertion Tool abgefragt werden. Bei Fragen sollte mit einem Facharzt oder einem Beckenboden-Spezialisten gesprochen werden.
„All women without contraindications should be encouraged to participate in aerobic and strength- conditioning exercises as part of a healthy lifestyle during their pregnancy and after that as well.“


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